'Müde bin ich geh zu Ruh' (2023)
„[…] actually identities are about questions of using the ressources of history, language and culture in the process of becoming rather than being: not ‚who we are’ or ‚where we came from’ (…) Identities are therefore constituted within, not outside representation.“
-Stuart Hall
Das Projekt „Müde bin ich geh zu Ruh“ ist in großen Teilen mithilfe des Verfahrens der traditionell indonesischen Batik Technik entstanden. Als Kind eines indonesischen Vaters bin ich seit kleinauf in Berührung mit Batiktextilien gekommen und stark davon geprägt. Die Geschichte der Batik ist nicht nur tief mit der indonesischen Identität verwurzelt, sondern auch geprägt von der Ausbeutung und Zerstörung im Zuge des europäischen Imperialismus und Kolonialismus. Daher stand bei der Entstehung der Arbeit der praktische Aspekt des Batikens aus einer nicht-weißen Perspektive im Spannungsfeld hegemonialer Machtasymmetrien und seiner identitätsstiftenden Kraft im Fokus.
Die Arbeit „Müde bin ich geh zu Ruh“ bildet einen utopischen Safe Space und ist ein Versuch einer bestimmten Art fremdbestimmter Fragen (z.B. „woher kommst du wirklich?“) zu entkommen. Gleichzeitig ist die Arbeit eine selbstermächtigende und selbstbestimmte Reaktion und Auseinandersetzung mit der eigenen Identität. Der auf der Arbeit befindliche Schriftzug „müde bin ich geh zu Ruh“ ist der Anfang aus dem deutschen Nachtgebet von Luise Hensel. Zu seiner eigentlichen Bedeutung, der Bitte um Schutz durch Gott, gewinnt die Zeile in dem Kontext der Arbeit noch eine weitere Bedeutung. Nicht die Müdigkeit durch die Anstrengungen des Tages, sondern die Last der immer wiederkehrenden Konfrontation mit der eignen Identität, die scheinbar zum einen oftmals nicht der Vorstellung einer deutschen Identität entspricht und zum anderen die Frage nach der eigenen Identität immer wieder ungewollt in den Fokus stellt.
Durch den Prozess des Batikens wurde nicht nur ein persönlicher Zugang zu einer historisch indonesischen Kulturtechnik erlangt, sondern auch eine Interpretation der eigenen Identität und damit eine Verbindung mit der Welt geschaffen.